Die Jury besichtigt das Schlafwagenhotel

Jurybesuch beim Bahnhof Rehagen

Über Nacht auf den Gleisen

Rehagen. Seit März 2015 gibt es die Eventlocation und das französisch geprägte Restaurant im historischen Bahnhof Rehagen. Mit den Wagen der ehemaligen transsibirischen Eisenbahn kam ein Jahr später die Offerte des Schlafwagenhotels hinzu. „Man kann hier übernachten auf eine Art, die es sonst fast nirgendwo gibt.“, hebt Inhaber Christophe Boyer hervor. Mit zwei Ferienwohnungen und vier weiteren Zimmern im Bahnhofsgebäude stehen insgesamt 14 Schlafeinheiten zur Verfügung. Dank Förderung der Heizungsanlage für die Waggons über ein Crowdfunding im Projekt Flämingschmiede sogar ganzjährig.

Der gebürtige Franzose hat über 22 Jahre in Deutschland gelebt und besitzt auch die doppelte Staatsbürgerschaft. Um seiner Tochter den Schulbesuch in Frankreich zu ermöglichen, ist er mit seiner Frau Manja inzwischen wieder in sein Heimatland nach Roussillon in der Provence umgezogen und pendelt bei Bedarf nach Rehagen.

Schwierigkeiten taten sich natürlich in Lockdown-Zeiten auf, als Flugreisen quasi unmöglich waren. Viele Absprachen, selbst Planungen für Hochzeiten, mussten per Videokonferenz erfolgen. Doch das alles wurde auch dank Corona-Hilfen gemeistert. Nun allerdings muss Christophe Boyer neue Probleme bewältigen. Ein Teil seines Teams, das in seiner Abwesenheit vertrauensvoll die Abläufe organisierte, hat ihm kürzlich gekündigt. Und das trotz sicherer Festanstellung mit flexiblen Arbeitszeitlösungen statt nur saisonaler Beschäftigung. Zum ersten Mal musste er Zimmer blockieren, die sonst auf der Website individuell gebucht werden können.

Doch seinen Kunden versichert er, dass bereits geplante Veranstaltungen, ohne Abstriche durchgeführt werden. Dagegen wird er einen Teil seines Geschäftsfeldes auf Eis legen müssen. Statt des Restaurantbetriebs liegt die Konzentration künftig auf Übernachtung und Frühstücksservice.

Alternativ ist eine Gästeküche in Planung, die Besucher für die Selbstversorgung nutzen können. Diese wird dann optional mit frischen, natürlich auch französischen Zutaten bestückt. Aktuelle Gästebefragungen ließen einen großen Zuspruch für diese Lösung erkennen. Außerdem ist eine Sitzecke mit Feuerschale für gemütliche Abende angedacht.

Diese und andere Ideen sind auch im Kreativ-Netzwerk Flämingschmiede des Tourismusverbandes Fläming entstanden, in dem Boyer aktiv mitwirkt. Etwas mehr Unterstützung hätte er sich dagegen von der Gemeinde Am Mellensee erhofft, an deren Tourismus-Stammtisch er sich ebenfalls beteiligt. Auch das soziale Engagement liegt ihm am Herzen. Im Moment werden Postkarten zugunsten der Opfer der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands verkauft.

Gerne würde Christophe Boyer am Standort auch junge Leute ausbilden, dafür hat seine Frau vor zwei Jahren extra den Abschluss als Köchin absolviert. Doch aufgrund des derzeitigen Fachkräftemangels ist dieses Vorhaben zunächst gestoppt. Bleibt zu hoffen, dass es der „Perle der Tourismuswirtschaft“, wie Katharina Fichtner vom Regionalcenter der IHK Potsdam den Bahnhof Rehagen bezeichnet, mit Optimismus gelingt, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Quelle: Märkische Allgemeine vom 19. August 2021
Bild und Text: gb-design Gerald Bornschein

Weblinks: www.bahnhof-rehagen.de