Ein Probeschluck vom Unkraut-Trunk für die Jury

Jurybesuch bei der Lienig Wildfruchtverarbeitung GmbH

Gesundes aus der „Erdbirne“

Dabendorf. Gesunde Ernährung, regionale Herstellung und Vermeidung von unnötigem CO2-Ausstoß – all diese aktuellen Wünsche bewusster Verbraucher spielen der Lienig Wildfruchtverarbeitung GmbH im Zossener Ortsteil Dabendorf in die Hände. Darüber freut sich Geschäftsführer Frank Lienig, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn Richard Albrecht leitet.

Der diplomierte Agraringenieur Frank Lienig merkt an, dass in den 1990er Jahren beim Unternehmensstart ganz andere Beweggründe eine Rolle spielten. Bei der Gründung der damaligen Brandenburger Wildfruchtverarbeitung, einem durch die Landesregierung forcierten Projekt, ging es eher um Preis und Exotik, als um den Verbraucherwillen.

Vor über 25 Jahren begann der erfahrene Kartoffelspezialist, sich einer anderen Knolle zuzuwenden – dem Topinambur. Die von kanadischen Indianern als Nahrung entdeckte, zur Familie der Sonnenblumen gehörende Pflanze gelangte im 17. Jahrhundert erstmals nach Europa, wurde jedoch später von der Kartoffel weitestgehend verdrängt. Angefangen hat Frank Lienig mit zahlreichen Anbau- und Verarbeitungsversuchen der „Erdbirne“, bevor es gelang, in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig die mikrobiologische Wirksamkeit von Topinambur-Substrat im menschlichen und im tierischen Organismus zu bestätigen.

Landwirte von der Müritz bis nach Sachsen-Anhalt konnten für den Anbau von Topinambur gewonnen werden, die Anbaufläche liegt stabil bei mehr als 100 Hektar, größtenteils bio-zertifiziert und im Umkreis von maximal 150 Kilometern um den Lienig-Standort. Nach der Ernte werden die Knollen feldfrisch gewaschen, zerkleinert und in einem mehrstufigen Verfahren entsaftet. Der Rohsaft wird per Vakuumverdampfung zum beliebten Dicksaft, also einem süßenden Sirup.

Durch weiteren Entzug von Feuchtigkeit per Vakuumtrocknung wird alternativ ein Pulver gewonnen, das die gesundheitsfördernden Stoffe, vor allem Inulin, in hochkonzentrierter Form enthält. Über eine lactogene Fermentation ist es der Lienig Wildfruchtverarbeitung gelungen, die Lagerstabilität zu verbessern und den Gesundheitswert von Saftkonzentrat und Pulver zu steigern. Das patentierte und unter dem Namen Topilac vertriebene Produkt ist vor allem für Diabetiker als Zuckerersatz geeignet. Doch auch bei gesunden Menschen helfen nicht mehr als zehn Gramm täglich, die Darmflora ins Gleichgewicht zu bringen und das Immunsystem zu stärken.

Weitere regionale Früchte, die in Dabendorf vermarktet werden sind unter anderem Sanddorn, Aronia und Hagebutte. Das Unternehmen ist vorwiegend im B2B-Bereich (Business-to-Business) tätig, geliefert wird Fruchtsaft, Konzentrat und Fruchtpüree beziehungsweise Pulver an Weiterverarbeiter. Üblich sind dabei Großgebinde wie Kanister, Fässer, Saftboxen oder Container, diese sind auch zum überwiegenden Teil im Lager zu finden. Doch auch Kleinabfüllungen werden realisiert, sei es für die jährliche Präsentation auf der Grünen Woche oder für den Werksverkauf. Auch im Online-Shop werden Privatkunden fündig.

Neben der Komponentenlieferung stehen für Frank Lienig regionale Kooperationen auf der Tagesordnung, so wurde gemeinsam mit Spreewald-Koch Peter Franke, der den „Unkrautladen“ im Kräuter-Hotel in Werben betreibt, der „Unkraut-Trunk“ entwickelt, eine Mischung aus Apfelsaft und frischen heimischen Kräutern. Abgefüllt wird er – wie viele weitere Getränke – in der Brauerei Fürstlich Drehna in Luckau, deren Geschicke Richard Albrecht und Frank Lienig seit 2020 selbst leiten.

Der Standort in Dabendorf wurde in den letzten Jahren aufgewertet und weiterentwickelt. Im November 2019 erfolgte die Grundsteinlegung für eine neue Lagerhalle, die im Februar dieses Jahres in Betrieb genommen wurde. Sie verfügt über verschiebbare Hochregale, die 100 Tonnen pro Reihe aufnehmen können. Bei einem täglichen Warenumschlag von zehn Tonnen ist eine Lagerfläche für drei Monate gesichert. Derzeit wird die Kühltechnik installiert, die den gesamten Raum auf einer Temperatur zwischen 10 und 15 Grad halten soll. Außerdem sind 250 Paletten-Stellplätze für Leichtkühlung (zwei bis vier Grad) und 50 Tiefkühlplätze vorhanden. Eine Photovoltaik-Anlage soll den Strom dafür liefern, als Puffer für den Energieüberschuss wird statt eines Akkus ein Kratzeisspeicher dienen.

Personaltechnisch ist das mittelständische Unternehmen gut aufgestellt. Fünf der insgesamt 13 Beschäftigten sind in der Produktion tätig. Derzeit wird mit Förderung von Land und Bund zudem die Digitalisierung vorangetrieben, sodass eine problemlose Darstellung und Nachverfolgung der gesamten Wertschöpfungskette möglich ist.

Auch sponsorentechnisch ist die Lienig Wildfruchtverarbeitung in der Region verwurzelt. Insbesondere Sportvereine werden regelmäßig gefördert, ob der MSV Zossen, der Ludwigsfelder FC oder BSC Preussen Blankenfelde-Mahlow. Für die Fußballerinnen von Turbine Potsdam wurde sogar eigens ein Trainingsgetränk zur Vitalisierung aus Beerenobst entwickelt, das derzeit auf regen Zuspruch trifft. Für die Männer vom BFC Dynamo Berlin gibt es dagegen einen speziellen Rote-Beete-Saft.

Quelle: Märkische Allgemeine vom 17. September 2021
Bild und Text: gb-design Gerald Bornschein

Weblinks: www.lienig.com